Geschichtliches
Aus der Geschichte des "Bote von der Schnauder"



Seit über 130 Jahren ist die Zeitung "Bote von der Schnauder" ein guter Bekannter der Bürger von Meuselwitz und Umgebung. Das heutige Amtsblatt, das von der Stadtverwaltung monatlich einmal herausgegeben wird, zeigt sich im neuen Outfit, denn unter dem Zeitungstitel sieht man neben dem Stadtwappen auch das Motiv der Orangerie. Hergestellt wird das Blatt jetzt im Druck- und Verlagshaus Katzbach in Regis-Breitingen. Neben den Amtlichen Nachrichten informiert das Organ besonders aus dem vielfältigen Geschehen der Vereine, Organisationen und Institutionen. Daneben gibt es einige heimatkundliche Betrachtungen und unterhaltsame Beiträge. Der Ursprung des Blattes geht auf das Jahr 1865 zurück. Ein gewisser Gottlob Hausschild, der Glöckner, der damals im Volksmund "Bimmellob" gerufen wurde, brachte den "Bote von der Schnauder", der in jenen Jahren als "Nachrichtenblatt" für die Stadt Lucka und Meuselwitz und Umgebung von der Firma Albert Reiche in Borna gedruckt wurde, zweimal wöchentlich zu den Lesern, die schon mit Ungeduld auf die Neuigkeiten warteten. Die Herausgeber waren der Advokat Reinhold Wagner und der Rentner Hermann Naundorf. Letzterer war Landwirt von Beruf, der damals ein Gut in Sabissa besaß. Er stellte die finanziellen Mittel zur Verfügung, während Wagner die geistigen Ideen für die Zeitung einbrachte. Bei der Druckerei Reiche in Borna war seinerzeit der Buchdruckergeselle Hermann Müller angestellt. Dieser erklärte sich später bereit, den Schnauderboten in Meuselwitz selbst herzustellen. Zunächst behalf er sich mit Mietsräumen, aber am 1. 10. 1874 bezog er in Meuselwitz ein eigenes Gebäude in der Poderschauer Gasse.
Damit begann gleichzeitig auch die Geschichte des Meuselwitzer Buchdruckereiwesens. Das Geschäft lief gut an, da immer mehr Leser die Zeitung kauften. Allerdings kam es 1876 durch den Zusammenbruch des Kreditvereins zu einer wirtschaftlichen Krise. Hermann Müller, der sich durch besondere Zähigkeit auszeichnete, übernahm als Alleinbesitzer die Druckerei und vermochte diese später noch zu erweitern, so daß sie 1894 in ein neuangekauftes Grundstück in der Poststraße verlegt wurde. 1909 kaufte er auch noch die Wintersdorfer Zeitung auf. Der Buchdruckereibesitzer Hermann Müller war der Sohn eines Zeitungsspediteurs in Leipzig und kam so früh mit dem Zeitungswesen in Berührung. Er galt als eine einfache, freundliche und gutmütige Natur, der überall schnell Zutrauen erweckte. Bereits um die Jahrhundertwende konnte er die Auflagenhöhe der Zeitung auf über 1500 Exemplare ausbauen. Sie erschien nun bereits viermal wöchentlich und besaß am Wochenende die Beilage "Der Sonntagsgast". H. Müller, der über 40 Jahre auf dem Redaktionssessel aushielt, war ein Gegner von auffallenden überschriften. Diese verführen nur zum oberflächlichen Zeitungslesen, so Müller. Erwollte die Leserförmlich zwingen, den Schnauderboten von Anfang bis Ende genau durchzustudieren. Bei der heutigen Medienfülle und der Nachrichtenflut wäre so ein Vorgehen undenkbar. Damals berichtete die Zeitung noch aus dem allgemeinen Weltgeschehen, und sie erschien vom 1. 7.1902 an täglich. Hinzu kam neben dem bereits erwähnten "Sonntagsgast" noch alle 14 Tage der "Landmann". Im Stadtarchiv Meuselwitz sind zahlreiche Jahrgänge des Schnauderboten aufbewahrt. Das Format 27,5:41 Zentimeter war am Anfang noch sehr gering, doch betrug es 1915 bereits 53:73 Zentimeter. Durch dieses Format wurde sie die größte aller damaligen Zeitungen von Sachsen-Altenburg. Heute ist sie noch kleiner als in den Anfangsjahren. Während die Seitenzahl des 1. Jahrgangs 382 betrug, stieg sie zu Müllers Zeiten auf das Fünffache. Die Auflagenhöhe hatte 1915 bereits fast 4000 erreicht. Wurde die Zeitung zunächst mit einer einfachen Handpresse gedruckt, so gab es um diese Zeit bereits neben verschiedenen Maschinen eine große Illustrationsschnellpresse mit 3-Rollenbahnbewegung. Zeitweilig waren bis zu 20 Personen in der Druckerei tätig und eine große Zahl von Austrägern -vielfach auch Schulkinder- waren mit der Verteilung beschäftigt. Geht man auf die inhaltlichen Belange der Zeitung ein, so kann man auf sehr unterschiedliche Themen verweisen. Der Redakteur Reinhold Wagner schrieb hierzu: "Der "Bote von der Schnauder" will auch für eine anständige Unterhaltung sorgen. Wenn einer die oft nicht erbauliche Politik satt hat, so soll er sich in dem zweiten Teil unseres Blattes erholen, es wird Erbauliches, Beschauliches, Humoristisches bringen." In einem Gedicht heißt es bereits 1865: "Der neue "Bote von der Schnauder", er bringt die Wahrheit rein und lauter. Bei ihm wird alles aufnotiert, was in dem Schnaudertal passiert. Er wird zu aller Nutz und Frommen auch jede Woche zweimal kommen." Neben kommunalen Ereignissen wurden auch immer wieder Artikel zur Kunst und Wissenschaft veröffentlicht. Besonders widmete sich das Blatt der Orts- und Heimatgeschichte. Hier müssen besonders die Autoren Cornelius Hecker und Heinrich Meyer herausgestellt werden. Der Kantor Emil Müller schrieb zahlreiche Abhandlungen und wirkte durch seine Besprechungen und Gedichte belehrend und unterhaltend auf die Leser ein. Ganz besonders bekannt wurden die vielseitigen Beiträge von Bruno Hüfner. Er widmete der Zeitung folgende Zeilen: "Als schlichter "Bote von der Schnauder" kam ich in Hütte und Palast. Die Rufe wurden immer lauter bis ich der altgewohnte Gast. Wir knüpften täglich neue Bande in Nah und Fern, in mancher Stadt, daß ich sogar auch auf dem Lande der Liebling als Familienblatt." Immerwiederfallen beim Durchlesen derZeitung die kurzen Reimverse zu politischen Ereignissen und wöchentlichen Zusammenfassungen auf. Hinter dem Pseudonym Ernst Heiter verbirgt sich der Name des Verfassers Albert Jäger. Dabei ist es erstaunlich, wie aktuell so manche Verse von Ernst Heiter auch dem heutigen Leser erscheinen. Vieles könnte man aus der Geschichte der Schauderboten noch erzählen. Besonders schwer hatte es die Zeitung in der Inflation. Der ungeheure Anstieg der Papierpreise führte damals zum Ruin zahlreicher Zeitungen in Deutschland. Kostete das Wochenabonement 1907 nur 12 Pf., so folgten in der Inflationszeit Preise zu unvorstellbaren Höhen. So mußte man im November 1923 für den wöchentlichen Bezug 60 Milliarden Mark hinblättern. Heftigen Angriffen war die Zeitung in den 30er Jahren ausgesetzt. So bezeichnete beispielsweise das nationalistisch ausgerichtete "Meuselwitzer Tageblatt" den Schnauderboten als verbissenen Feind der Nationalsozialisten. Bald ging auch die Bezeichnung "Amtsblatt" auf diese Zeitung über. Nun erfolgte auch das Ende des Schnauderboten. Am 30. 5. 1936 konnte man folgende Abschlußnotiz lesen: "An unsere Leser. In Auswirkung der lJbersetzungsanordnung des Herrn Präsidenten der Reichspressekammer vom 24. 4. 1935 hat der Verlag des "Bote von der Schnauder" sein Verlagsrecht an den Verlag des "Meuselwitzer Tageblattes" mit dem heutigen Tage, dem 30. 5. 1936 verkauft. Die neue Zeitung erscheint nach der Zusammenlegung von der nächsten Nummer an mit dem Titel "Meuselwitzer Zeitung". Nach dem z. Weltkrieg erschienen 1945 erneut einige Ausgaben mit der Bezeichnung "Der Schnauder-Bote. Amtliches Nachrichtenblatt der Städte Meuselwitz und Lucka sowie der Gemeinden des Amtsgerichtsbezirkes Meuselwitz. Mit Genehmigung derAlliierten-Militär-Regierung zu Altenburg." Damals wurde der Satz zu einer Druckerei nach Lucka transportiert, wo dann per Handabzug der Druck erfolgte. Doch bald wurde sein Erscheinen wieder eingestellt. Neu erweckt wurde der "Bote von der Schnauder" erst nach der politischen Wende. Genau am Montag, 22. 7.1991 erschien das erste Amtsblatt für Meuselwitz, Wintersdorf und Umgebung. Nach einigen Jahren erfolgte eine Trennung von Wintersdorf, die ihren eigenen Schnauderboten herausgeben. Alle Fäden zur Berichterstattung laufen in der Meuselwitzer Stadtverwaltung bei der Frau Hahn zusammen.
Die ehemalige Lehrerin nimmt an allen wichtigen Veranstaltungen teil und schreibt dazu viele Berichte und stellt notwendige Fotos her. Doch viele ehrenamtliche Helfer stehen ihr zur Seite. Rund 6000 Zeitungen werden heute an die Bürger kostenlos verteilt. Noch immer haben die Worte von H. Meyer Gültigkeit, der vor vielen Jahren schrieb: "Der "Bote von der Schnauder" ist gewachsen im Laufe der Jahre und nicht müde geworden . ... Darum auf zur weiteren Wanderschaft."


Die Austräger verlassen die Geschäftsstelle


Das alte Druckereigebäude



  Verweise zum Thema:
   
Quellenangaben:
   Text aus: "Unsere Heimat" Ausgabe 7 (1998) - Autor: Hans-Joachim Klingner