Geschichtliches Die evangelische Kirche in Zipsendorf
Aus Urkunden ist ersichtlich, daß in Zipsendorf schon 1407 eine Kirche gestanden hat, ein
spätgotischer Bau. der durch seine ungewöhnliche Größe und Schönheit auffiel. Sie soll fünf
Spitzen gehabt haben, und auf jeder ergänzte ein goldener Stern (Knopf), weswegen Zipsendorf
auch allgemein das Dorf mit der güldenen Kirche genannt wurde.
Da die Kirche aber zum größten TeiI aus Holz war, wurde sie 1490 durch Brandstiftung vollständig
zerstört: Ein Bauer hatte einen treuen Knecht. Immer, wenn er ihn zu fleißiger Arbeit ermahnte,
vertröstete er ihn, er werde ihm zum Lohne seine Tochter zur Frau geben. Sie wurde aber
einem anderen versprochen. Darüber war der Knecht so erzürnt. daß er am Abend der
Verlobung, als er Bier aus dem Keller holen sollte, das Licht vorsätzlich in einen Strohhaufen
warf, wobei das Gut in Flammen aufging und die hölzerne Kirche den Flammen mit zum Opfer
fiel.
So wurde die Kirche in den Jahren 1505-1511 neu erbaut. Sie erhielt das schon gerippte
Kreuzgewölbe im spätgotischen Stil und als Turm ein viereckiges Gemäuer, das mit der Höhe des
Kirchendaches abschloß. Erst 1661-1663 wurde der obere Teil des Turmes mit der Kuppel
aufgesetzt. In ihm sind die drei Glocken untergebracht, die die Jahreszahlen 1505, 1506 und 1508
zeigen und wahrscheinlich von dem Glockengießer Hans Thyme in Predel gegossen wurden, da
die große Glocke von 1,21 m Durchmesser in Minuskelschriit die Namenschiffre T enthalt
1942, im zweiten Weltkrieg, wurden die Glocken ausgelagert, nach Kriegsende aber in Hamburg
wiederentdeckt und gelangten schließlich 1950 nach Zipsendorf zurück.
Sehr interessant ist die kleine steinerne Kanzel an der Nordseite des Kirchenschiffes. Sie ist ein
Fünfeck; die fünfte Seite dient zur Ausmündung der ebenfalls steinernen Treppe. über einem sich
kelchartig entfaltenden Fuß. welcher oben mit fünf Wappen geschmückt ist (einem Stern, einem
durchschossenen Herren, dem Stiftswappen, dem kursächsischen Schwertkreuz und einer
Rose) erhebt sich prismatisch die Brüstung der Kanzel, die mit gut stilisiertem Maßwerk
versehen ist. In der oberen Platte steht in Minuskeln die Schrift: Anno domini M CCCCC XII,
wodurch die Zeit ihrer Ausführung genau bestimmt wird (1512). Die Kirche besaß damals keine
Emporen, weil die Kanzel sich nur wenige Fuß über dem Boden erhebt und die jetzige Empore
über die Kanzel hinweggeht. Aus diesem Grunde ist die alte Anlage ganz außer Gebrauch
gekommen und durch eine andere, moderne Kanzel ersetzt. Die Gemeinde hat eine lobenswerte
Ehrfurcht für die alte Kanzel, weiche "Lutherkanzel" genannt wird, weil Martin Luther auf der
Durchreise von Zeitz nach Altenburg zu seinem Freund Spalatin 1542 auf ihr gepredigt haben
soll. Oies ist aber urkundlich nicht belegt. Von den ältesten Zeiten her hatten das Patronat über
die Kirche die Herren von Ende in Kayna, welche neben den Rittergütern in Starkenberg und
Lumpzig auch etliche im Zeitzer Kreise besaßen. Der Pfarrer von Zipsendorf war bis zur Zeit der
Reformation auch Vikar von Kayna. l662 hat Moritz, Herzog zu Sachsen in Zeitz, das Pfarrlehen in
Zipsendorf samt Untertanen käuflich übernommen. Also haben seitdem die Herzöge von Zeitz
das Patronatsrecht ausgeübt, wobei Brossen und Sabissa eingepfarrt waren.
über die Zeit der Reformation im Dorf sind wir nur spärlich unterrichtet. Wenn es in manchen
Büchern heißt, Zipsendorf sei schon 1530 evangelisch gewesen, so wird das ein Irrtum sein, denn
um jene Zeit war der Patronatsherr Ehrenfried von Ende noch ein eifriger Anhänger des
Papsttums. Und von dem uns als erstem bekannten Pfarrer Johann Zahender heißt es, er habe
Weihrauch verrechnet, und 1529 wird von Friedrich Wolschendorff berichtet, er habe de
Zipsendorfer "mit Gottes Wort und Sakrament und Luthers Lehre nicht wohl versorget", ein
Umstand, der Anlaß gab, daß Mumsdorf und Schnauderhainichen, die nach Zipsendorf
eingepfarrt waren, nach Meuselwitz gewiesen wurden. Wir können den Einzug der Reformation
ins Jahr 1534 setzen. In diesem Jahr hat der Patron Utz von Ende den lutherischen Glauben
angenommen. Vorher war die Kirche also katholisch, was man heute noch im Altarraum an dem
mit einer Wimperge übersetzten eingemauerten Sakramentsschränkchen erkennen kann.
Eine ganz besondere Kostbarkeit in der Kirche ist der berühmte Hochaltar von 1625, von dem es
heißt: "Der Altar wurde auf Bewiiligung des wohledien. gestrengen Junkers Wolfen von Ende zu
Kayna, dieser Kirche Collatores, und auf Anordnung des Pfarrers Johann Mylius samt den
Kirchenvätern Thomas Stolzen zu Brossen und Andreas Penndorf zu Zipsendorf im Jahre 1625
hergestellt und am Himmelfahrtstage des Jahres mit großer Feierlichkeit eingeweiht."
Warum gerade 1625 (mitten im dreißigjährigen Krieg !) der Altar errichtet wurde, ist nicht zu
ergründen. Die alten Kirchenbücher sind leider verbrannt; man ist daher auf Vermutungen
angewiesen.
Das Holzwerk wurde von dem Tischler Jakob Meyhardt angefertigt, die Bildhauerarbeiten von
Wolf Zucken. Die Malerarbeiten stammen von J. Wendelmuth, Maler zu Pegau. Es ist sehr gut
möglich, daß auch der Profener Hochaltar aus dem jahre 1611 von ihm herrührt; die ganze
Ausführung weist darauf hin. Der Zipsendorfer Altar laßt deutlch drei Stilarten erkennen:
Renaissance, Spätrenaissance und Barock - ein Beweis daiür, daß man Stilarten nie zeitlich
genau abgrenzen kann. Sie iaufen oft lange parallel.
De ganze Architektur ist Renaissance, an den ornamentaien Teilen, den Schnörkeln am
Rahmen, könnte man Barock vermuten, es ist aber Spätrenaissance. Die Ganzfiguren stellen die
vier Evangelisten - Matthäus, Markus, Lukas, Johannes- im barocken Stil dar. Auch die Bilder
sind ganz barock. Man kann an den Gemälden - Abendmahl, Kreuzigung, Auferstehung,
Himmelfahrt - ganz genau sehen, wie Rembrandt Holbein und die Italiener kopiert wurden.
Dieser prächtige Hochaltar gibt ein Bild von dem Kunstsinn der damaligen Zeiten, von der Freude
an Farbe und daß vor dem 30jährigen Krieg Wohlhabenheit herrschte. So stand er, während des
dreißigjährigen Krieges unangetastet, fast 100 Jahre, bis die Kirche 1718 innen neu gemalt und
renoviert wurde. so daß Heinrich Cornelius Hecker, der Meuselwitzer Chronist, sagt, daß die
Zipsendorfer Kirche damals als eine der schönsten in der Umgegend galt.
Der Maler der Innenrenovierung änderte am ursprünglichen Aussehen des Altars nichts. so viel
Feingefühl hatte er. Nicht aber der Maler, der die Erneuerung von 1801 leitete. Er strich die Kirche
innen mit stumpfgrauer Farbe und gab ihr so ein unfreundiiches Aussehen. Er vergriff sich auch
am Hochaltar und überzog ihn ebenfalls mit grauer ölfarbe.
1843 war die Kirche merklich baufällig geworden. so daß kein Gottesdienst mehr darin gehalten
werden konnte und die Zipsendorfer nach Meuselwitz gehen mußten. Um die Kirche zu stützen,
wurden damals die heute noch auffallenden starken Stützpfeiler rings um das Gotteshaus herum
angebracht. Wenn man nicht wüßte, daß diese ungewöhnlich starken Pfeiler erst 1843 angebaut
worden sind, mußten sie eine kraftvolle Unterstützung für die schon von Hecker 1741 in seinen
"Kirchlichen Nachrichten von Zipsendorf" aufgestellte Behauptung sein, daB die Zipsendorfer
Kirche zu den sogenannten Wehrkirchen zu zählen sei, die dazu dienten, Zufluchtsorte für die
Bevölkerung in Kriegszeiten zu sein.
Dann kam das Jahr 1911. Wieder wurde die Kirche renoviert. Aber Gott sei Dank war es eine
kunstverständigere Zeit. Unter der Leitung des Kirchenmalers Bößnitz aus Zeitz erstand der
Altar in alter Pracht wieder. Mit unendlicher Mühe gelang es nach wochenlanger Arbeit, die
graue ölfarbe abzukratzen und eine neue Farbgebung in Weiß und Gold zu erzielen. Alles
Figürliche am Altar wurde jetzt in Weiß und Gold gehalten und so ein vollkommen gediegener
Eindruck erreicht.
In den Jahren 1979-82 wurde durch Meuselwitzer Handwerker das Dach neu gedeckt und die
Kirche von außen frisch verputzt. Durch Beschluß des Rates des Kreises Altenburg vom 28.Mai
1980 wurde die Kirche als Denkmal in die Kreisdenkmalsliste aufgenommen. Und schließlich,
kurz vor der Wende, in den Herbstmonaten 1988 und 1989 wurde die Kirche von Meuselwitzer
Malern unter der Leitung der Meister Neudeck und Kurzig in mühevoller Feierabendarbeit von
innen wunderschön weiß und karminrot neu ausgemalt. Sie lädt jetzt in wiedererstrahltem
Glanze nicht nur zum Gottesdienstbesuch, sondern auch zum besinnlichen Verweilen ein.