Geschichtliches
Ausstellung für Landwirtschaft und Gewerbe



Sie wurde vom 9.-16. Juni 1895 in Meuselwitz durchgeführt. Das Ausstellungsgelände stellte der Fabrikbesitzer A. Herbst dankenswerterweise ohne Entschädigung zur Verfügung. Es hatte den Vorteil, daß es an einer stark befahrenen Straße lag. Es befand sich rechts der heutigen B 180, an der Stelle wo sich heute der Kindergarten ,,Märchenland" und die Gartenanlage ,,Lichte Zukunft" befindet.
Was bewog Meuselwitzer Gewerbetreibende und Fabrikbesitzer vor nunmehr fast 100 Jahren zu dieser Ausstellung?

Meuselwitzer Landwirte hatten im Herbst 1894 den in Frage kommenden Personenkreis in das Hotel ,,Stadthaus" eingeladen und gaben dort bekannt, daß Meuselwitz für die 1895 abzuhaltende Rinderschau der landwirtschaftlichen Vereine des Ostkreises bestimmt sei.

Es wurde die Frage aufgeworfen, ob es nicht empfehlenswert sei, diese landwirtschaftliche zugleich mit einer gewerblichen Ausstellung zu verbinden. Dem kaufenden Publikum sollte damit Zeugnis von der Leistungsfähigkeit der Gewerbetreibenden gegeben werden. Bekanntermaßen wurden viele Gegenstände in größeren Orten gekauft, obwohl in gleicher Güte und zum gleichen Preis auch in Meuselwitz erhältlich.

Der Vorschlag fand allgemeine Zustimmung. Daraufhin wurde am 11.1.1895 im Gasthof ,,Zur Weintraube" das Ausstellungskomitee gewählt. Es bestand aus 16 allseits anerkannten Persönlichkeiten aus Meuselwitz und umliegenden Ortschaften. In sechs Kommissionen, für Bau, Ausstellung, Finanzen, Vergnügung1 Landwirtschaft und Hundezucht wurde die Ausstellung vorbereitet. Das Ehrenpräsidium wurde Herrn Freiherrn von Seckendorff übertragen. Die große Resonanz bei Handel, Gewerbe, Fabriken sowie der Bevölkerung in Vorbereitung und Durchführung der Ausstellung ist aus dem nachfolgend aufgeführten Teilnehmerkreis ersichtlich. In geschlossener sowie offener Halle und auf dem Freigelände stellten aus:

296 Gewerbetreibende, Fabriken und Einzelpersonen, darunter 52 Bürgerinnen aus Meuselwitz und weiteren 33 Ortschaften. Die am weitesten angereisten kamen aus Bitterfeld, Eisenberg, Eisleben und Hannover. Oft ehemalige Meuselwitzer, die mit der Teilnahme ihre Verbundenheit mit der Heimatstadt Meuselwitz bekundeten.
Von der einfachsten Häkelarbeit über Lehrlingsarbeiten vieler Berufsgruppen, Holz- und Metallartikel bis zu kompletten Werkzeugmaschinen war alles ausgestellt.

Die Fabriken waren mit:
1 Brikettfabrik
7 Maschinen- und Metallwarenfabriken
1 Weberei
2 Zementwarenfabriken
vertreten. Die Gewerbetreibenden vertraten 30 Berufsgruppen. Das reichte vom Bildhauer, Büchsenmacher, Böttcher, Fleischer, Handschuhmacher, Kürschner bis zum Sattler und Seiler, um nur einige zu nennen. Der Einzelhandel war mit 10 Firmen vertreten.

Originellste Ausstellungsstücke waren:
- eine richtig funktionierende Dampfmaschine unter einen Fingerhut zu stellen,
- eine richtiggehende Uhr als Krawattennadel,
- ein silbernes Zwanzigpfennigstück der Länge nach durchbohrt nebst durchgezogener Pferdehaare.

Alle drei Sachen wurden vom Uhrmachermeister Richard König aus Meuselwitz hergestellt.

Auf dem Ausstellungsgelände herrschte täglich eifriges Geschäftsleben, Dabei kam auch das Vergnügen bei Kinderfesten und Tanzbällen nicht zu kurz. Das Wetter paßte sich der optimistischen Stimmung von Ausstellern und Besuchern an und verhalf dazu, daß die Gesamtausgaben für diese Ausstellung in Höhe von 9000 Mark durch Eintrittsgelder, Verlosung und Platzmieten gedeckt wurden, ja noch Gewinn gemacht wurde.

Handel, Gewerbetreibende und Fabriken bewiesen mit dieser Ausstellung ihre Leistungsfähigkeit und trugen entscheidend zur wirtschaftlichen Entwicklung von Meuselwitz in dieser Zeit und den folgenden Jahren bei.

Auch das Engagement der Bevölkerung von Meuselwitz sowie ihrer Besucher verhalf der Ausstellung zu ihrem Erfolg.

Es ist wünschenswert, daß auch heute unsere Bevölkerung zu gleichem Elan findet und durch ihren Einsatz und Mitarbeit der Stadt Meuselwitz, seinem Handel, dem Gewerbe sowie den Fabriken zu gleicher Blüte verhilft.

Rudolf Kirmse
  Verweise zum Thema:
   

Quellenangaben:
   Text: "Unsere Heimat"